EMMA RUTH RUNDLE + JAYE JAYLE Urban Spree, Berlin am 05.05.17
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War Some Heavy Ocean, Rundles Solo-Zweitwerk von 2014, schon ein »schwarzes Loch des Unglücks«, wie es ein britisches Magazin beschrieb, klingt Marked For Death stellenweise noch deprimierter – aber keineswegs schwach oder resigniert, auch wenn das paradox scheinen mag. Dass die in Los Angeles lebende Musikerin selbst in tiefster Seelenqual so kraftvoll klingt wie eine ganze Progrock-Band, mag daran liegen, dass sie genau dort herkommt: Von den Power- Progrockern Marriages und Red Sparowes nämlich, bei denen sie Gitarre spielte und den Reiz von Krach- und Stille-Kontrasten auskostete – und diese dann auch weitgehend unverändert in die instrumentalen Klangteppiche ihres Solodebüts Electric Guitar One hinüberhievte.Auf Some Heavy Ocean kam dann zum ersten Mal ihre Stimme ins Spiel: Überraschend groß, klar, variabel; mal Wispern, mal Schrei, laut-leise-laut. Keine Band, nur Emma Ruth Rundles Gesang und Gitarre – mehr gibt es auch auf Marked For Death nicht zu hören, aber wie intensiv ist das! Kaskaden verzerrten Lärms münden in sanfte, intime Picking-Parts, in denen man buchstäblich an Rundles Fingerspitzen klebt. Acht Stücke nur, voller Schmerz, Trauer und Zorn
Man kann das blöd finden, oder peinlich berührt davon sein, wenn sich jemand so nackt macht wie Rundle. Schwer auszuhalten ist es in der Tat manchmal, wenn sie davon singt, wie ihr Lover sie erniedrigt und kleinhält, um ihr dann auf sadistische »Protection« zu gewähren – und sie scheinbar widerspruchslos mitmacht, eingehüllt in eine wahre wall of sound, einen Schutzmantel aus Klang gewordener Verzweiflung.
Oder die abgrundtief hoffnungslose Erkenntnis der Sinnlosigkeit allen Daseins im Titelsong – sich verlieben in jemand, der/die sowieso sterben wird, und trotzdem so leidenschaftlich involved sein, wie lässt sich das aushalten? Gott, Mutter Teresa und die Engel, die in anderen Songs auftauchen, sind erzürnt oder gleichgültig, bieten jedenfalls keine Hilfe. So etwas wie Erlösung zeichnet sich allenfalls in »Real Big Sky« ab, düster-entschlossen schrubbt Rundle ihre Gitarre, sehnt sich danach, den Himmel zu küssen – nichts anderes als der Tod kann am Ende dieser Platte warten. Harter Tobak, schon klar. In Emma Ruth Rundles Stringenz beeindruckend und faszinierend.
(Text : Christina Mohr / Spex)